St. Georg – Taglaching

Wo die beiden Straßen – von Grafing nach Moosach und von Alxing nach Fürmoosen – sich kreuzen, liegt das Bauerndorf Taglaching und das Kirchlein St. Georg, eine Filiale der Pfarrei Bruck. Dieser Ort wird urkundlich erstmals erwähnt, als unter dem Bischof Atto im Jahre 788 der Laie Hrodperht und der Geistliche Uiliheri ihr Erbe in „Tagaleihhinga“, in Taglaching also – die Kirche und die umliegenden Gebäude – dem Hochstift Freising vermachten.

Der Ort Taglaching dürfte freilich noch viel älter sein, im Nordosten der Ortschaft wurde, wie uns der ehemalige Bürgermeister und Gemeindechronist Josef Baumgartner berichtet, um das Jahr 1890 bei Grabungen ein ausgedehnter bajuwarischer Friedhof mit 25 bis 30 Reihengräbern aufgefunden.

Die Kirche, die dem hl. Georg geweiht ist, wurde nach Meinung der Kunsthistoriker um 1230 erbaut. Sie gehört somit zu den ältesten Kirchen im Ebersberger Raum. Mit ihrer Errichtung wurde vermutlich die Vorgängerkirche, ein baufällig gewordener Holzbau ersetzt.  Erstaunlich ist die Tatsache, dass in der näheren Umgebung, nämlich in Pullenhofen und auch in Berghofen zwei Kirchen stehen, die ungefähr genau so alt sind. Nachdem in allen drei Dörfern Ortsadelige ansässig waren, ist der Gedanke nicht ganz abwegig, dass der Bau einer Steinkirche das Ansehen eines Ortes mehrte und so diesen Ortsadeligen einen Prestigegewinn brachte.

Von den drei Kirchen erfuhr die von Taglaching die wenigsten Veränderungen. Sie ist ein gut erhaltenes Beispiel eines spätromanischen Tuffquaderbaues. Die Tuffsteine wurden mit Sicherheit am Südhang des Moosachtales, in den Pullenhofener Steinbrüchen abgebaut.

Das Kirchenschiff ist verhältnismäßig kurz und flach, der Altarraum  quadratisch und gewölbt. Was diese Kirche von anderen unterscheidet sind die für diese Zeit außergewöhnlichen und auffallenden Zierformen. So ist über dem Portal in den Tuffstein eine Blende eingelassen, in der in späterer Zeit, eine Votivtafel – der heilige Georg als Drachentöter und Patron der Kirche – eingesetzt wurde. Über dieser Rundblende ist ein Zahnfries in den Stein hineingemeißelt. Rechts und links über der Eingangstür befinden sich Blendarkaden mit Rundbögen. Eine Besonderheit sind auch die an den oberen Ecken des Gotteshauses vorspringenden Kragsteine. Hier sieht man sehr schön, dass diese Zierformen aus Holzkonstruktionen übernommen wurden und in den Tuffstein gleichsam „hineingeschnitzt“ wurden.  Das Gewölbe ist nicht mehr im ursprünglichen Zustand, es wurde um 1665 restauriert und mit einfachem Stuck versehen. Der Altar aus dem Jahre 1665 ist eine Stiftung des Grafinger Gastwirt Georg Pröbstl. Auf einer Bildtafel hat sich der Stifter zusammen mit seiner Familie verewigen lassen. In der Mitte steht der hl. Georg, die Figuren seitlich stellen den hl. Sebastian und den Bischof Valentin dar.

Im 17. und 18. Jahrhundert wurden sämtliche Fenster vergrößert. Eine Ausnahme bildete das original romanische Rundbogenfenster an der östlichen Chorseite. Im Ostgiebel befinden sich ebenfalls als Zierform zwei Kreuze, das untere ist aus dem Stein herausgeschnitten, das obere als Relief herausgearbeitet.

1806 sollte die Kirche auf Anweisung der Regierung abgerissen werden. Doch die ortsansässigen Bauern ließen das nicht zu und retteten sie, indem sie das Gotteshaus einfach kauften. Dieser mutigen Tat verdankt die Kirche ihre heutige Existenz.

Im Jahre 1912 wurde die Kirche letztmalig im größeren Umfang renoviert.

Neben dem hl. Georg wird in diesem Gotteshaus die hl. Bibiana (= die Lebendige)verehrt, die, wie in einer Votivtafel an der Kirchennordwand festgehalten, am 2. Dezember 1800 das Dorf Taglaching vor den feindlichen Franzosen rettete.

Mit dem Datum hat es eine besondere Bewandtnis: Es ist der Tag vor der großen Schlacht in Hohenlinden. Im ganzen Land herrschte Furcht und Schrecken, feindliche und eigene Heerhaufen durchzogen das Land – Franzosen, Bayern, Österreicher. Bayern hat sich mit Österreich verbündet und als Oberbefehlshaber hatte Kaiser Franz seinen blutjungen, erst 18-jährigen Bruder, Erzherzog Johann, eingesetzt. Die französischen Truppen standen unter dem Oberbefehl von General Moreau.

In einer kleinen Schlacht bei Haag schlugen die Bayern und Österreicher eine französische Vorhut in die Flucht und glaubten sich schon als Sieger. Bei der Verfolgung wurden sie von den Franzosen bei Hohenlinden in eine Falle gelockt. Am 2. Dezember 1800 war in Taglaching alles still, der Ort erwartete friedlich die Nacht. Doch da, vom Norden her kamen plötzlich laute Rufe, unverständliche Worte, Hufgeklapper – ein französisches Bataillon, von Zorneding kommend, rückte an. Angst und Schrecken brachen unter den Menschen im Dorf aus. Man wusste nur zu gut, was  die Ankunft von Soldaten bedeutet. Es war später Nachmittag und die Leute versammelten sich in ihrer Kirche. Sie beteten um Schutz und riefen die hl. Bibiana, die Heilige des 2. Dezember, an und flehten um Hilfe. In einem Gelöbnis versprachen sie, an jedem 2. Dezember Ihr zu Ehren eine Messe lesen zu lassen, wenn ihr Dorf von Mord und Brand verschont bliebe. Eine Legende sagt, dass die Heilige das Dorf in Nebelschwaden hüllte und die Franzosen so den Ort nicht entdeckten. Taglaching blieb tatsächlich verschont. Die Franzosen waren in Eile, denn es war ja der Tag vor der großen Schlacht. Bei Hohenlinden schnappte die Falle in Form einer Zangenbewegung zu und die österreichisch-bayerische Armee wurde vernichtend geschlagen. Bis auf den heutigen Tag haben die Einwohner von Taglaching ihr Gelöbnis eingehalten!

Eine Besonderheit ist auch der Kreuzweg. An der 14. Station, der letzten also, findet man im unteren rechten Eck folgende Signatur: „Rothuber pinxit! Laufen 1887“ (= Rothuber hat ihn gemalt! Laufen im Jahre 1887“). Korbinian Rothuber ist als Kirchenmaler in der näheren Umgebung öfters anzutreffen. So hat er den Kreuzweg in der Kirche von Loitersdorf und auch den in der Kirche von Dorfen, beide ebenfalls im Jahre 1887 gemalt. Sein Hauptwerk ist jedoch in der Kirche von Straußdorf zu finden. Hier hat er ein außerordentlich qualitätsvolles Deckengemälde im Nazarener Stil geschaffen.

Es sind 10 Bilder im Chor mit Engeldarstellungen und 6 Szenen aus dem Leben des Kirchenpatrons, des heiligen Johannes des Täufers. Dass dieser namhafte Kirchenmaler in unserem Raum immer wieder Aufträge erhielt. lässt sich einfach erklären. Sein Vater Egid Rothuber stammte aus Taglaching, aus dem „Glonnergütl“. Er hat in das Steidelgütl in Untereichhofen eingeheiratet. Dort kam im Jahre 1846 ihr Sohn Korbinian zur Welt. Dieser erlernte den Beruf des Kirchenmalers und zog nach Laufen um. Der Maler ist schon relativ früh, er wurde nur 49 Jahre alt, an Der Lungensucht in Laufen verstorben.

Den Namen Rothenhuber gibt es heute noch in Taglaching, allerdings nicht mehr beim „Glonner“, sondern beim „Obermoar“. Die Rothenhuber haben nämlich 1856 das Glonneranwesen verkauft und den weitaus größeren Obermoarhof dafür erworben.

In der Kirche in Taglaching wird jährlich zweimal die Messe gelesen, zum Patrozinium St. Georg um den 23. April und Anfang Dezember zum Fest der heiligen Bibiana.

Quelle: Hans Huber, Taglaching

Aufgabe 1:
Besuche eine ländliche Kirche in deiner Umgebung. Falls diese geöffnet ist, lasse die Kirche auf dich wirken und schaue dir den baulichen Zustand der Kirche in Ruhe an. Falls der Sakralbau verschlossen ist schaue den Bezug des Sakralbaus zu seiner Umgebung an.

Aufgabe 2:
Versuche dir klar zu werden, wie du die Atmosphäre dieser Kirche wahrnimmst. Welcher Raum bietet sich dir?

Aufgabe 3:
Reflektiere, was das Bestehen dieser ländliche Kirche für dich bedeutet. (Gerne auch als Mind Map mit Stift und Papier)

Aufgabe 4:
Schaue, ob es ein Gebetsbuch oder Gästebuch in der Kirche gibt. Vielleicht kannst Du dort ein paar Zeilen hinterlassen, was dir an diesem Ort gefällt, was du dir wünschen würdest bzw. welches Angebot an diesem Ort noch Freude machen oder helfen würde.